19.03.2018 -
Noch einmal dorthin zurückkehren, wo sie Ende der 60er Jahre ihre Berufsausbildung gemacht hat, den Geist vergangener Tage spüren und schauen was sich verändert hat, davon sprach die blinde Rentnerin Luzia Ehrlich oft. Sie erzählte ihren Nichten gerne von der Zeit damals im Blindeninstitut, als sie von 1968 bis 1971 als junges Mädchen mit nur einem geringen Sehrest ihre Berufsausbildung zur Metall-Industriewerkerin in Würzburg absolvierte. „Ihr größter Wunsch war es, uns diesen Ort einmal selber zu zeigen“, sagt ihre Nichte Birgit Lippert. Und dieser Wunsch konnte als Geburtstagsgeschenk der Nichten, zum 65sten nun erfüllt werden. Dr. Hans Neugebauer, ehemaliger Stiftungsdirektor, übernahm persönlich die Führung der kleinen Besuchergruppe aus Bamberg.
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19.03.2018 -
Noch einmal dorthin zurückkehren, wo sie Ende der 60er Jahre ihre Berufsausbildung gemacht hat, den Geist vergangener Tage spüren und schauen was sich verändert hat, davon sprach die blinde Rentnerin Luzia Ehrlich oft. Sie erzählte ihren Nichten gerne von der Zeit damals im Blindeninstitut, als sie von 1968 bis 1971 als junges Mädchen mit nur einem geringen Sehrest ihre Berufsausbildung zur Metall-Industriewerkerin in Würzburg absolvierte. „Ihr größter Wunsch war es, uns diesen Ort einmal selber zu zeigen“, sagt ihre Nichte Birgit Lippert. Und dieser Wunsch konnte als Geburtstagsgeschenk der Nichten, zum 65sten nun erfüllt werden. Dr. Hans Neugebauer, ehemaliger Stiftungsdirektor, übernahm persönlich die Führung der kleinen Besuchergruppe aus Bamberg.
Eine Riesenfreude sei es für sie, sagte Luzia Ehrlich bei der Ankunft und sie sei schon sehr aufgeregt, ob sie noch etwas erkennen würde. Schon beim Rundgang durch die Arbeitsräume der Bentheim Werkstatt staunten die Besucher, was heute produktionstechnisch auch für Menschen mit Mehrfachbeeinträchtigung möglich ist. Und taktile Orientierungszeichen z.B. an den Werkstatträumen gab es damals auch nicht, erzählt die Rentnerin. „Mobilitätstraining und Barrierefreiheit waren vor 30 Jahre noch in den Kinderschuhen“, erzählt sie einer Werkstattmitarbeiterin und legt auch gleich einen Zeitungsartikel der Bamberger Nachrichten vor. „Bamberg – alles andere als eine blindenfreundliche Stadt“ titelte die Zeitung damals. Nach ihrer Berufsausbildung in Würzburg hatte Luzia Ehrlich dort, in der oberfränkischen Metropole, ihre Arbeit in einer Elektronikfirma angetreten.
Auch wenn sich nach dem großen Umbau 2005 im ehemaligen Hauptsitz des Blindeninstituts in der Würzburger Sanderau vieles verändert hat, gab es beim Rundgang noch vieles, was die ehemalige Schülerin wieder erkannte. Die Kapelle mit den bunten Fenstern, die große Treppe mit dem schmiedeeisernen Geländer und der Speisesaal, der sich noch immer an derselben Stelle wie damals befindet. Hier machte eine Tante von Luzia Ehrlich, Helga Husslein, von 1963 bis 1966 eine Ausbildung als Hauswirtschaftshelferin. Auch sie hatte sich der Besuchergruppe angeschlossen. „Ich hatte mit 14 Jahren den ganzen Speisesaal unter mir“, erzählt sie. Damals musste man richtig zupacken und einiges aushalten, z.B. wenn die Küchenschwester kam und meinte, jetzt koch mal Wirsing für 163 Personen. Das Blindeninstitut wurde zur damaligen Zeit von vier Ordensschwestern bewirtschaftet. Die Leitung lag in weltlichen Händen, der Stiftungsdirektor und Schulleiter hieß Ende der 60ger Jahre Paul Eupen. Und mit Direktor Eupen verbindet Luzia Ehrlich auch eine ihrer schönsten Erinnerungen an die Schulzeit – eine Ferienfahrt nach Helgoland. „Wir haben Gemeinschaft und das Arbeiten gelernt, aber auch viel Vergnügen gehabt“, sagt sie über ihre Berufsschulzeit. Und auch Schulstreiche hätte es in der Blindenschule gegeben. Der Deutschlehrerin den Blindenschriftgriffel auf den Stuhl zu legen, das sei einer davon gewesen. Die darauf folgende Strafarbeit konnten dann schon mal Treppenbohnern oder Flure wischen bedeuten.
Zum Ende des Besuchs stand der Werkstattladen „guckmal“ auf dem Programm. Aus den selbstgefertigten Produkten der Bentheim Werkstatt überreichte Dr. Neugebauer einen Holzengel und das Werkstattmaskottchen, den Keramikmaulwurf Louis, als Andenken an die ehemalige Schülerin. Und Luzia Ehrlich und ihre Nichte Birgit Lippert bedankten sich mit einer Spende von 150 Euro für die Freizeitaktivitäten der erwachsenen Bewohner im Blindeninstitut. Das Blindeninstitut noch einmal mit ihren Nichten zu besuchen, habe sie sehr glücklich gemacht, sagte die ehemalige Schülerin zum Abschied.
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