MZEB Würzburg feiert fünfjähriges Jubiläum

„Give me five“ – unter diesem Erfolgsmotto stand die Jubiläumsfeier des Medizinischen Spezialzentrums für erwachsene Menschen mit Behinderung, die kurz vor der Sommerpause in und an den Praxisräumen auf dem Gelände des Blindeninstituts stattfand. 2018 war das MZEB Würzburg – in der Trägerschaft der Blindeninstitutsstiftung - mit einem völlig neuen Diagnostik- und Behandlungsangebot an den Start gegangen. Hintergrund war die im Sommer 2015 vom Bundesrat verabschiedete Gesetzesänderung, die einen Anspruch auf spezifische Gesundheitsleistungen für erwachsene Menschen mit Behinderungen im SGB V verankerte.
Regelversorgung kam an die Grenzen
Wie dringend notwendig dieses medizinische Angebot war, schilderte Vorstand Johannes Spielmann bei seiner Jubiläumsansprache. Die Komplexität der Beeinträchtigungen bei Menschen mit Behinderung hatte sich schon seit Jahrzehnten zugespitzt, ein hoher medizinischer und pflegerischer Bedarf war gewachsen. Die medizinische Regelversorgung, gerade im ambulanten und im Facharztbereich kam an ihre Grenzen. Oftmals fehlte die Barrierefreiheit in den Arztpraxen. Durch die massiven Kommunikationseinschränkungen – mehr als 60 Prozent der komplex beeinträchtigten Patienten verfügen über keine Lautsprache – war eine Diagnostik schwierig bis unmöglich.
Nach der Gesetzesänderung 2015 zugunsten einer eigenen medizinischen Versorgung für Menschen mit Behinderung, erfolgte die Zulassung und im Januar 2018 startete das MZEB Würzburg mit den ersten Behandlungen als zweites ambulantes Spezialzentrum für erwachsene Menschen mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung in Bayern. In den Anfangsjahren stand der Praxisbetrieb vor großen Herausforderungen. „Wir hatten zwar eine Zulassung aber keine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit den Krankenkassen, die mit der Institution des MZEB deutlich fremdelten“, so Vorstand Johannes Spielmann. Es folgten die schwierigsten Kostenverhandlungen, die er jemals erlebt habe. Die Blindeninstitutsstiftung hatte durch intensive Anschubfinanzierung dazu beigetragen, die Praxiseröffnung zu ermöglichen. Geeignete Räume wurden zur Verfügung gestellt und barrierefrei umgebaut. Heute nach fünf Jahren zeigt sich, dass sich der Aufwand gelohnt hat: Das MZEB Würzburg ist das größte medizinische Spezialzentrum in Bayern mit wachsender Nachfrage.
Rund 1000 Patienten im Jahr
Derzeit behandelt ein 15-köpfiges interdisziplinäres Team von Fachärztinnen und Ärzten sowie medizinischem und pädagogischem Fachpersonal Patienten, die in der Regelversorgung nicht oder nur schwer versorgt werden können. Der Patientenstamm ist in den letzten fünf Jahren auf mehr als 1000 Patienten aus Unterfranken, Bayern und über die Bundeslandgrenzen hinaus angewachsen. Besonders die Autismusdiagnostik wurde ausgebaut, das Angebotsspektrum um spezielle Untersuchungen wie Schluckdiagnostik und Aufnahmen mit der Wärmebildkamera in der apparativen Medizin erweitert. Therapeutisch kommt zwischenzeitlich Botulinumtoxin zur Behandlung von Muskelspastik und zu starker Speichelproduktion zum Einsatz. In Zusammenarbeit mit einem breiten Netzwerk, u.a. der Uniklinik Würzburg, werden bei Patienten mit schwer einstellbaren Epilepsien Vagusnervstimulatoren implantiert und eingestellt.
„Wir durften viel lernen in den letzten Jahren“, sagen Neurologin und Leiterin des MZEBs Dr. Anja Klafke und ihre Stellvertreterin Internistin Dr. Sabrina Ott. Der Alltag sei nicht mit einer normalen Facharztpraxis zu vergleichen. Das Team hätte gelernt, dass es oft eines individuellen und großen zeitlichen Budgets bedarf, dass sie jeden Schritt erklären oder erklären lassen müssen – mit Worten, Gesten, taktilen Gebärden – um beim Patienten ein mögliches Verständnis für das zu schaffen, was dann kommt. „Dann aber ist plötzlich an einem Tag eine Untersuchung möglich, die zuvor noch nie durchgeführt werden konnte.“
Lebensqualität als Behandlungskriterium im Blick
Welche positive Wirkung dieser Zugang zum beeinträchtigten Patienten hat, unterstrich auch die Familie einer der ersten Patientinnen. „Was uns beeindruckt hat: Wir haben gemerkt, jeder wird so akzeptiert wie er ist. Die freundliche Atmosphäre, die großzügigen Räumlichkeiten, die Ärztinnen, die Zeit hatten, die Ruhe ausgestrahlt haben, die uns und unsere Anliegen für wichtig hielten. Wir haben uns als Eltern ernst genommen und gesehen gefühlt“, so Renate Blumenstingl-Deitmer. Bei den Therapien und Behandlungen sei es immer darum gegangen, die Lebensqualität des Menschen zu verbessern und nicht darum, ihn der Normalität anzupassen.
Einblicke in die Praxis
Im Vorfeld der Jubiläumsfeier gab es für die rund 120 Gäste die Möglichkeit sich in den 440 Quadratmeter großen Praxisräumen umzuschauen. Sämtliche fünf Untersuchungsräume, Wartezimmer zum Teil mit Patientenküche ausgestattet, das Patientenbad mit Duschliege und die behindertengerechten Sanitärräume konnten besichtigt werden. Ausgestellt waren alle medizinischen Untersuchungsgeräte und viele Test-Materialien aus den Bereichen Kommunikation, Autismus, Intelligenztestung, Schmerzeinschätzung, Sehdiagnostik, Hördiagnostik, Hilfsmittelversorgung und Ernährungsberatung.
(ST)
Regelversorgung kam an die Grenzen
Wie dringend notwendig dieses medizinische Angebot war, schilderte Vorstand Johannes Spielmann bei seiner Jubiläumsansprache. Die Komplexität der Beeinträchtigungen bei Menschen mit Behinderung hatte sich schon seit Jahrzehnten zugespitzt, ein hoher medizinischer und pflegerischer Bedarf war gewachsen. Die medizinische Regelversorgung, gerade im ambulanten und im Facharztbereich kam an ihre Grenzen. Oftmals fehlte die Barrierefreiheit in den Arztpraxen. Durch die massiven Kommunikationseinschränkungen – mehr als 60 Prozent der komplex beeinträchtigten Patienten verfügen über keine Lautsprache – war eine Diagnostik schwierig bis unmöglich.
Nach der Gesetzesänderung 2015 zugunsten einer eigenen medizinischen Versorgung für Menschen mit Behinderung, erfolgte die Zulassung und im Januar 2018 startete das MZEB Würzburg mit den ersten Behandlungen als zweites ambulantes Spezialzentrum für erwachsene Menschen mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung in Bayern. In den Anfangsjahren stand der Praxisbetrieb vor großen Herausforderungen. „Wir hatten zwar eine Zulassung aber keine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung mit den Krankenkassen, die mit der Institution des MZEB deutlich fremdelten“, so Vorstand Johannes Spielmann. Es folgten die schwierigsten Kostenverhandlungen, die er jemals erlebt habe. Die Blindeninstitutsstiftung hatte durch intensive Anschubfinanzierung dazu beigetragen, die Praxiseröffnung zu ermöglichen. Geeignete Räume wurden zur Verfügung gestellt und barrierefrei umgebaut. Heute nach fünf Jahren zeigt sich, dass sich der Aufwand gelohnt hat: Das MZEB Würzburg ist das größte medizinische Spezialzentrum in Bayern mit wachsender Nachfrage.
Rund 1000 Patienten im Jahr
Derzeit behandelt ein 15-köpfiges interdisziplinäres Team von Fachärztinnen und Ärzten sowie medizinischem und pädagogischem Fachpersonal Patienten, die in der Regelversorgung nicht oder nur schwer versorgt werden können. Der Patientenstamm ist in den letzten fünf Jahren auf mehr als 1000 Patienten aus Unterfranken, Bayern und über die Bundeslandgrenzen hinaus angewachsen. Besonders die Autismusdiagnostik wurde ausgebaut, das Angebotsspektrum um spezielle Untersuchungen wie Schluckdiagnostik und Aufnahmen mit der Wärmebildkamera in der apparativen Medizin erweitert. Therapeutisch kommt zwischenzeitlich Botulinumtoxin zur Behandlung von Muskelspastik und zu starker Speichelproduktion zum Einsatz. In Zusammenarbeit mit einem breiten Netzwerk, u.a. der Uniklinik Würzburg, werden bei Patienten mit schwer einstellbaren Epilepsien Vagusnervstimulatoren implantiert und eingestellt.
„Wir durften viel lernen in den letzten Jahren“, sagen Neurologin und Leiterin des MZEBs Dr. Anja Klafke und ihre Stellvertreterin Internistin Dr. Sabrina Ott. Der Alltag sei nicht mit einer normalen Facharztpraxis zu vergleichen. Das Team hätte gelernt, dass es oft eines individuellen und großen zeitlichen Budgets bedarf, dass sie jeden Schritt erklären oder erklären lassen müssen – mit Worten, Gesten, taktilen Gebärden – um beim Patienten ein mögliches Verständnis für das zu schaffen, was dann kommt. „Dann aber ist plötzlich an einem Tag eine Untersuchung möglich, die zuvor noch nie durchgeführt werden konnte.“
Lebensqualität als Behandlungskriterium im Blick
Welche positive Wirkung dieser Zugang zum beeinträchtigten Patienten hat, unterstrich auch die Familie einer der ersten Patientinnen. „Was uns beeindruckt hat: Wir haben gemerkt, jeder wird so akzeptiert wie er ist. Die freundliche Atmosphäre, die großzügigen Räumlichkeiten, die Ärztinnen, die Zeit hatten, die Ruhe ausgestrahlt haben, die uns und unsere Anliegen für wichtig hielten. Wir haben uns als Eltern ernst genommen und gesehen gefühlt“, so Renate Blumenstingl-Deitmer. Bei den Therapien und Behandlungen sei es immer darum gegangen, die Lebensqualität des Menschen zu verbessern und nicht darum, ihn der Normalität anzupassen.
Einblicke in die Praxis
Im Vorfeld der Jubiläumsfeier gab es für die rund 120 Gäste die Möglichkeit sich in den 440 Quadratmeter großen Praxisräumen umzuschauen. Sämtliche fünf Untersuchungsräume, Wartezimmer zum Teil mit Patientenküche ausgestattet, das Patientenbad mit Duschliege und die behindertengerechten Sanitärräume konnten besichtigt werden. Ausgestellt waren alle medizinischen Untersuchungsgeräte und viele Test-Materialien aus den Bereichen Kommunikation, Autismus, Intelligenztestung, Schmerzeinschätzung, Sehdiagnostik, Hördiagnostik, Hilfsmittelversorgung und Ernährungsberatung.
(ST)
